Warum Weihnachten?
Diese Frage stellten sich die Teilnehmerinnen des Wahlmoduls Kreatives Schreiben. In Zeiten von Kriegen oder Pandemien kann man schon einmal den Glauben an das Gute infrage stellen. Warum es dennoch – oder gerade deshalb – unerlässlich ist, das Fest der Feste zu begehen, wird in den folgenden Texten auf eindrucksvolle Art veranschaulicht.
Warum Weihnachten?
Weil trotz allem Bösen, das auf dieser Welt geschieht, das Gute nicht vergessen werden darf.
Ich ging. Mein Ziel war ungewiss, ich ging einfach, wohin auch immer meine Füße mich trugen. Wo ich auch hinblickte, alles war zerstört. Die ganze Stadt lag in Schutt und Asche, alles, was noch nicht vernichtet war, glich einer Ruine. Mit dem wenigen Hab und Gut, das die Menschen noch hatten, versuchten sie sich in diesen Ruinen einigermaßen wie zuhause einzurichten. Auch mein Haus war überwiegend zertrümmert und mein Zimmer gab es nicht mehr. Um mich nicht lange in diesem Schutthaufen, den ich nun Zuhause nannte, aufhalten zu müssen, ging ich spazieren – wie jetzt. Die Straße, der ich immer folgte, ging mehrere Kilometer Richtung Süden, bis sie unmittelbar aufhörte, als ob jemand sie abgeschnitten hätte. Genau an diesem Ende stand ich dann, oft ewig, und starrte in die Ferne. Nach einiger Zeit gab ich mir einen Ruck und drehte mich um. Der knirschende Klang von Schnee unter meinen Stiefeln erinnerte mich an die Kälte, die in meinem Herzen nistete. Ein paar Schritte später traf mein starrer, stummer Blick den eines Mannes. Er hatte einen weißen Bart. Unwillkürlich fiel mir das Strahlen auf, das von seinen Augen ausging. „Wieso freut er sich so?“, fragte ich mich und wurde etwas misstrauisch. Plötzlich entdeckte ich etwas Dunkelgrünes, Großes, das der Mann hinter sich herzog. Moment – war das etwa ein Christbaum? War es etwa schon Dezember? Letzte Woche war doch erst Oktober gewesen… Wie schnell die Zeit vergangen ist! Ich beobachtete den Mann noch für eine Weile, ging dann aber weiter. Dieselbe Straße, denselben zerstörten Weg entlang. Doch die ungewöhnliche Zufriedenheit des Mannes schien kein Einzelfall zu sein. Von überall her kamen sanft lächelnde Menschen. Große und kleine, dicke und dünne. Sie alle schienen keineswegs betrübt, ganz im Gegenteil. „Habt ihr alle den Verstand verloren? Wieso seid ihr so glücklich?“, wollte ich sie am liebsten laut anschreien, doch aus meinem Mund kam kein Laut. „Frohe Weihnachten!“, rief ein Junge neben mir. Also stimmte meine Vermutung? War wirklich Weihnachten? Dabei war das letzte Weihnachten noch gar nicht lange her… Irgendwie fühlte ich mich älter, viel älter. Ich konnte mich fast gar nicht erinnern, wie das Leben vor dem Krieg war. Ich bemerkte eine Frau, die vor mir die Straße überquerte. In ihrer Hand hielt sie zwei leuchtend rote Weihnachtskugeln. Sie standen in einem starken Kontrast zur tristen Umwelt, was mich irgendwie störte. Warum feiert man Weihnachten in so einer Zeit? Haben etwa alle die Realität unseres Lebens vergessen? Alles liegt in Trümmern, Menschen sterben – wie kann man da ans Feiern denken? Auf einmal überkam mich eine seltsame Müdigkeit, und ich setzte mich auf eine Bank. Es dauerte nicht lange, da wurde meine Einsamkeit gestört. Ich vernahm eine Stimme und sah auf. Vor mir stand der Mann mit dem weißen Bart. Er lächelte mich warm an. „Warum schaust du so traurig? Freust du dich nicht, dass heute Weihnachten ist?“ „Wie soll ich mich freuen, sehen Sie sich um! Ist das ein Grund zum Feiern? Warum Weihnachten? Jetzt und an diesem Ort?“ Der Mann sah so aus, als wüsste er selber keine Antwort darauf. Für ein paar Sekunden war die Welt still. Ich stand auf und wandte mich zum Gehen. Ich hatte schon einige Schritte getan, als ich ihn sagen hörte: „Weil trotz allem Bösen, das auf dieser Welt geschieht, das Gute nicht vergessen werden darf.“ Ich drehte mich um und sah ihn an. Das Leuchten seiner Augen war noch immer da.
Er fuhr fort: „Du bist sicher ein großes Mädchen und hast bestimmt schon viele Weihnachten gefeiert, oder? Wie hast du diese in Erinnerung?“ „Naja, schon schön… ich hatte das Gefühl, zuhause zu sein, jeder, den ich liebe, war da.“ „Eben“, erwiderte der Mann. „Weihnachten ist nicht nur ein Fest, es ist ein Gefühl. Und es liegt an dir, ob du es zulässt oder nicht.“ Ich kaute nachdenklich auf meiner Lippe. „Du wohnst doch nicht alleine, oder?“ „Nein, mit meiner Mutter“, antwortete ich. „Sie wartet bestimmt schon. Vielleicht wäre es besser, zurückzugehen“, sagte er. „Sie haben Recht…“, antwortete ich und fügte noch ein „Frohe Weihnachten!“ hinzu. Der Mann nickte freundlich. Daraufhin trennten sich unsere Wege. Nachdem ich bereits einige Meter gegangen war, fiel mir auf einmal eine wichtige Frage ein. Doch der Unbekannte war nirgends zu sehen. Zurück blieben nur seine großen Fußstapfen im Schnee. Ich wandte mich ab und ging schneller und voller Energie Richtung zuhause. Mein Blick wanderte zum Himmel. Dort oben leuchtete er – der Weihnachtsstern.
Sophia Plank, Elina Aufinger, 6BO
Warum Weihnachten?
Weil es Liebe bedeutet.
„Du hättest schon längst das Barbieschloss für Julia kaufen sollen!“
„Nein! Das war deine Aufgabe. Ich habe schon längst meinen Teil der Liste erfüllt. Da ist die Playstation für Alexander und hier…“, KRACH, „…ist das Buch für Lily.“
Mein Herrchen schmeißt das Geschenk auf den Tisch und stürmt wutentbrannt aus dem Zimmer.
Miau?! Vor Schreck springe ich aus meinem Katzenkorb und laufe zu meinem Frauchen. Was ist denn hier los? „Kannst du es glauben, Mausi?“, beginnt sie mit ihrem Monolog, „Mein Mann hat das Barbieschloss nicht gekauft. Glaubt er, dass ich die ganze Last alleine auf meinen Schultern tragen kann?“.
Seufzend überlege ich, wie ich ihr helfen kann, doch mir fällt einfach nichts ein. Schlussendlich geht sie zu ihrer Nachbarin Susanne, welche in einer benachbarten Siedlung, mit ihrer Familie und meinem besten Hundefreund, wohnt. Ich beschließe, meine Menschenmama zu begleiten, um mit Bello über meine Probleme zu reden.
„Wuff! Wuff!“, in Menschensprache übersetzt: „Hallo meine liebe Freundin!“ Übermütig springt Bello auf mich zu und beschnüffelt mich. „Oh nein! Du riechst aber traurig. Was ist denn los?“
„Weißt du…“, ich lasse meine Ohren hängen, „ich habe das Gefühl, niemand erinnert sich daran, warum es Weihnachten gibt. Wir feiern es, weil das Jesuskind in Bethlehem geboren wurde und Liebe auf die Welt gebracht hat. Ist das nicht das schönste aller Geschenke?“
Bello bellt leise: „Wuff! Du hast recht! Aber was sollen wir dagegen tun?“
Wir grübeln und grübeln, bis Bello plötzlich aufspringt: „Oh! Mir ist etwas eingefallen! Was, wenn wir…“
„Mama, schau mal!“, ruft die kleine Lily, „Das Christkind war da“. Das Wohnzimmer ist mit Kerzen, Strohsternen und Tannennadeln dekoriert. Es duftet nach Vanillekipferln und im Hintergrund spielt Stille Nacht, Heilige Nacht. Einträchtig steht die ganze Familie vor meinem Katzenkörbchen mit der Aufschrift: „Warum Weihnachten?“. In diesem Moment realisieren auch sie, dass Weihnachten Liebe bedeutet.
Elisabeth Baumgartner und Deborah Jooda, 6EG
Warum Weihnachten?
Weil man sich trotz aller Differenzen vertragen kann, wenn man es nur wirklich versucht.
Aufgekratzt verließ ich mein Büro. Während sich meine Kolleginnen und Kollegen auf ihren bevorstehenden Weihnachtsurlaub freuten, schulterte ich sichtlich genervt meinen Rucksack und trat ins Freie. Es gab kaum etwas, auf das ich weniger Lust gehabt hätte als auf das Treffen mit meiner Familie im Haus meiner Eltern. Diese Weihnachtsfeiern waren jedes Jahr unerträglich gewesen. Tief in Gedanken versunken, ging ich die Straße entlang, als mir plötzlich ein Bettler am Straßenrand auffiel. Zitternd streckte er seine Hände aus, die um Geld baten, und ich beschleunigte schnell meine Schritte, um nicht von ihm angesprochen zu werden. Er erinnerte mich irgendwie an meinen Onkel Peter, der mir als unnahbarer und trübsinniger Mann im Gedächtnis geblieben war. Ihn würde ich heute auch treffen müssen.
Ich lenkte meine Schritte in Richtung Straßenbahnhaltestelle. Dort stellte ich mich neben ein altes Ehepaar, das sich über etwas aufzuregen schien. Die Frau trug einen teuren Flanellmantel und gestikulierte aufgeregt. Ich vernahm ihre Empörung über die zu grelle Beleuchtung der vielen Weihnachtslichter, die überall in der Stadt verteilt waren. Ihr hysterisches Geschrei weckte eine Erinnerung an meine Mutter, die es pflegte, jährlich beim Keksebacken die Nerven wegzuschmeißen. Deswegen mochte ich Kekse nicht, im Gegensatz zu meinen Freunden.
In der warmen Straßenbahn konnte ich mich etwas von der feuchten Kälte draußen erholen. Endlich hatte ich Zeit, mich auf die bevorstehende Familienzusammenkunft vorzubereiten. Es wunderte mich selbst, dass ich noch immer daran teilnahm. Während ich versuchte, darüber nachzudenken, stieg ich aus und schlug den Weg durch das ruhige Wohngebiet ein. Genervt vernahm ich laute Kinderstimmen aus einem Garten. Ohne den Grund wirklich zu wissen, trat ich näher an die Gartenhecke heran. Dahinter spielten lachend ein paar Kinder. Sofort fühlte ich mich in meine Kindheit zurückkatapultiert. Damals hatten meine Mutter und ich oft Schneeballschlachten veranstaltet. Sogar Onkel Peter hatte mit Freude daran teilgenommen. Wie glücklich wir doch gewesen waren!
Langsam ging ich weiter, bis ich vor dem Haus meiner Eltern stand. Davor erkannte ich das Auto von Onkel Peter und Tante Emma und das Fahrrad von Oma Elisabeth. Die Fenster waren hell erleuchtet und ich atmete tief ein. Drinnen hörte ich frohes Gelächter. Vielleicht würde es diesmal besser werden. Ich war fest entschlossen, endlich etwas dazu beizutragen. Hoffnungsvoll drückte ich die Klinke hinunter und nahm meine strahlende Mutter in die Arme, während hinter mir die ersten Schneeflocken zu Boden rieselten.
Annette Szakmary 6AC, Magdalena Moser 7A
Warum Weihnachten?
Weil es ein Fest der Liebe und Versöhnung ist!
„Wie sollen wir es ihnen am besten sagen?“, fragte Marilyn, während sie gerade ihren Christbaum schmückte. Elliot ließ ein verhöhnendes Schnauben hören. „Sie wissen doch nicht einmal, dass wir zusammen sind, Liebling“, lachte er dann sichtlich belustigt, während er ihr eine silberne Kugel reichte. „Ach, ich weiß doch auch nicht!“, seufzte sie frustriert und betrachtete ihr verschwommenes Spiegelbild in der Kugel. Elliot schmunzelte und umarmte sie sanft und liebevoll, hob sie vom Stuhl herunter und gab ihr einen sanften Kuss. „Wir finden schon eine Lösung“, ließ er sie liebevoll wissen.
Der Frühstückstisch war bereits gedeckt, als Marilyn am nächsten Morgen in die Küche kam. „Ich muss dir etwas beichten!“, sagte Elliot schuldbewusst und blickte mit braunen Rehaugen zu ihr auf. Augenüberdrehend lehnte sie sich an den Türrahmen. „Was hast du jetzt schon wieder getan, Elliot?!“, raunzte sie ihn jammernd an. Ängstlich blickte Elliot nach unten. „Nichts… ich habe vielleicht unsere Eltern eingeladen…“, meinte er leise, auf eine Reaktion wartend. Doch als nichts kam, schluckte er stark. „Bitte nicht böse sein…“, murmelte er betreten. „Wieso hast du nicht zuerst mit mir darüber geredet!?“, fragte sie enttäuscht, während sie sich langsam vom Türrahmen abstieß und auf ihn zuging. „Liebling, du hättest sowieso nein gesagt. Ich kenn dich doch!“, sagte er wehmütig. „Ach du hast doch Recht. Es tut mir leid! Aber wie wollen wir das meistern? Unsere Familien mögen sich nicht sonderlich! Sie haben nicht einmal die gleiche Meinung! Das wird in einem Streit eskalieren!“, bemerkte sie. „Lassen wir es auf uns zukommen!“, sagte Elliot zuversichtlich und nahm Marilyn in den Arm.
Es war der Tag gekommen, der Weihnachtstag. Es dauerte nicht mehr lange, bis Eltern und Großeltern eintreffen sollten. Marilyn ging nervös den Flur auf und ab. Da klingelte es schon an der Tür. „Ich mach auf!“, rief Marilyn Elliot zu. Man hörte schon durch die Tür das Streiten der Familienmitglieder. Stille machte sich breit, als sie die Tür öffnete. Schneeflocken flogen ins Haus, landeten auf ihrer Nase und im Flur, während Marilyn ihre und die Verwandtschaft von Elliot hereinbat. Der Tisch war bereits mit Essen gedeckt und jeder nahm Platz, außer Elliot und Marilyn. „Wir haben etwas zu verkünden… wir erwarten ein Baby!“, sagte Marilyn und blickte erwartungsvoll in die Runde. Kurze Stille herrschte unter den Versammelten. Plötzlich jubelten sie und stürmten auf, um Marilyn und Elliot und auch sich gegenseitig zu umarmen. Der Streit wurde begraben und sie verbrachten den restlichen Abend glücklich und zufrieden.
Mariella Obmann, 6AC
Finja Lackner, 6AC