Nach Graz kamen die Ursulinen auf Wunsch der Bevölkerung. Schon lange war zwar die Notwendigkeit einer Erziehungseinrichtung für Mädchen gegeben, aber die unsichere politische Lage (Türkeneinfälle) verzögerte ihr Kommen. Schließlich wurde die Niederlassung in Graz am 30. März 1686 von Kaiser Leopold I. genehmigt unter der Bedingung, dass die Ursulinen für sich selbst sorgen und den Behörden nicht zur Last fallen.
Am 24. Juni 1686 kamen die ersten vier Klosterfrauen nach Graz. Sie wurden von adeligen Damen empfangen und in sechsspännigen Kutschen in einem „Triumphzug“ in ihr neues Heim am „Fischmarkt“ – heute Kapaunplatz Nr. 4 – geleitet.
Im Juli desselben Jahres erhielten die Ordensfrauen Verstärkung aus Görz. Sobald nun ein kleines Zimmer als Kapelle eingerichtet war, begannen die Schwestern mit der Vorbereitung für den eigentlichen Auftrag des Institutes. Bereits am 24. Juli konnten die Schwestern die Schule im Hiegerl`schen Haus eröffnen. Allerdings war dieses Haus nicht geeignet, vor allem zu klein und die Schwestern übersiedelten bald auf den Mariahilfer Platz ins Werth`lische Haus, das den Minoriten gehörte.
Die Bevölkerung der Stadt vertraute den Schwestern sehr, sodass sie
ihnen viele Mädchen schickten. Die Zahl der Schülerinnen aus Graz
betrug bald mehr als 200, im Pensionat etwa 50 (vorwiegend Töchter
aus dem steirischen Adel). Außer einer gründlichen sittlich – religiösen
Erziehung standen folgende Fächer auf dem Stundenplan: „Teitsch und
lateinisch, leßen und schreiben samt unterschidlicher Handarbeith,
stickhen, strickhen, näyen, kleckheln, dänzerl arbeith, auch raiten und
französiche Sprach“ (aus der Chronik).
Ab 1697 lehrte man auch Musik und Theaterspiel.
Es zeigte sich, dass auch dieses Haus zu klein wurde und man
kaufte 1687 im „mittleren Sack“ ein Haus, allerdings schon gleich mit
der Absicht, auch die daneben liegenden Gebäude – sechs an der Zahl
– nach Möglichkeit zu erwerben, was auch nach und nach geschah.
So wurde gebaut, umgebaut, abgerissen und neu gestaltet. Die
Dreifaltigkeitskirche, die Klosterkirche der Ursulinen, wurde 1704
feierlich eingeweiht, an den anderen Häusern je nach Bedarf gewerkt.
Die Ursulinen hielten in ihrer Erziehungs- und Bildungsarbeit immer wieder Schritt mit den besonderen Anforderungen der Zeit, wie es ihnen von ihrer Gründerin von Anfang an geboten war. Eine wesentliche Änderung im Lehrplan brachte die Schulreform Maria Theresias im Jahre 1775. Hier ließen sich die Ursulinen in der neuen Lehrmethode für Normalschulen unterrichten, sodass sie ihre Schule sehr rasch und sehr erfolgreich darauf umstellen konnten. Bereits im Jahre 1776 wurde in der neuen Lehrart unterrichtet und im Jahre 1777 erfolgte die erste öffentliche Prüfung in Gegenwart der k. u. k. Normalschulkommission. Auf Grund der raschen Einführung der Normalschullehrmethode erhielten die Ursulinen im Jahr 1779 ein Belobigungsdekret von der Kaiserin. Die Wertschätzung für die Arbeit der Ursulinen zeigte sich wohl auch darin, dass immer wieder „Hoher Besuch“ erschien und gebührend – mit einer „Intrada“ durch Pauken und Trompeten empfangen wurde: Kaiserin Elisabeth war mit Maria Theresia zu Besuch, diese wiederum stattete dreimal den Schwestern und Schülerinnen einen Besuch ab, Josef II. visitierte 1784 und 1786 das Kloster und alles fand seine höchste Zufriedenheit (er stellte sich zu den auf der Bastei aufgestellten Schülerinnen!).
Noch eine „Schulgeschichte“, die sich aus der Aufhebung von Klöstern durch Josef II. ergab: Die Klarissinnen von Bischoflak (nördlich von Laibach) sollten ihr Kloster schließen, doch sie wendeten sich an die Grazer Ursulinen: diese mögen doch Schwestern zu ihnen senden, damit sie aus ihnen „Ursulinen“, also Lehrerinnen machten. Drei Schwestern fanden sich, eine wurde Oberin in Bischoflak, machte aus den Klarissinen Ursulinen und die beiden anderen gründeten die Schule und führten die Schwestern in den Lehrberuf ein!
Die Beliebtheit und die Qualität der Schulen zeigte sich auch an der Zahl der Schülerinnen: die „äußere“ Schule, die Trivialschule, besuchten jährlich über 300 Kinder, die unentgeltlich in 3 Stufen unterrichtet wurden, die Eltern wurden nur gebeten, einen Heizbeitrag zu leisten. Die „innere“ Schule wurde von den Kostgängerinnen besucht, hier musste ein Beitrag entrichtet werden (es gab aber schon früh Ermäßigungen und Freiplätze, die meist von Adeligen oder anderen Gönnern bereitgestellt wurden).
In den ersten 100 Jahren in Graz sind 1700 Pensionärinnen namentlich bekannt, allerdings ist die Dauer ihres Aufenthaltes nicht aufgezeichnet.
In den Wirren der Franzosenkriege 1805 und 1809 konnte der Unterricht aufrechterhalten werden – trotz einiger Kanonenschüsse ganz in der Nähe – auf dem Schlossberg! 1807 erfolgte die Einführung einer vierklassigen Hauptschule, die der Ursulinen war wieder so gut, dass sie 1812 zur „Öffentlichen Musterhauptschule“ erklärt wurde und die gesamte Schuldotation vom Staat übernommen wurde. Die Schülerzahl lag bei 500.
In den Visitationsberichten des Vormärzes wurde wiederholt das „hohe Niveau der Ausbildung und die mustergültige Führung der Schule“ sowohl von Seiten des Guberniums wie auch des Ordinariates ausdrücklich betont.
1856 wurde eine 5. Klasse der Hauptschule eröffnet, Geographie und Freihandzeichnen wurden Unterrichtsfächer. Lehrpläne und Ausstattungsvorgaben kennzeichnen die 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Man wandelte auch den Vorbereitungskurs für Lehrerinnen um in eine dreijährige Lehrerinnenbildungsanstalt: die erste Reifeprüfung fand am 30. Juli 1870 statt. Als die staatliche Lehrerinnenbildungsanstalt 1872 gegründet wurde, mussten die Ursulinen ihre LBA schließen – bis 1902!
Der große Nachteil des Standortes von Kloster und Schule „im Sack“ war die räumliche Begrenztheit: Um die Bastei als Garten musste immer wieder
gekämpft werden (Kniefall vor Josef II.), murseitig drohte der Verlust des kleinen Gartens durch die geplante Regulierung der Mur. Nach einigem Suchen teilte Fürstbischof Zwerger der Oberin mit, dass die Stadt Graz im Herz Jesu Viertel einen etwa 42.000 m² großen Grund verkaufe, die Lage fand Gefallen und der Grund wurde vom Ordinariatskanzler Frühwirth für die Ursulinen 1891 gekauft.
Nun wurde geplant, die Finanzierung schien trotz mehrerer Großspender und dem Verkauf des Klosters in der Sackstraße (an die Grazer Schulschwestern) unlösbar, letztendlich konnte im September 1898 doch mit dem Bau begonnen werden. Die Baupläne zeichnete Hofbaumeister Schmalzhofer ohne Bezahlung (seine Schwester war Ursuline), Baumeister war Johann Guido Wolf. Zum Zeitpunkt der Gleichenfeier – Juli 1899 – waren 246 Bauarbeiter beschäftigt. Im Jänner 1900 stand der Rohbau. Eine Niederdruck – Dampf – Zentralheizung war eingebaut, allerdings noch Gasbeleuchtung, da keine Stromverbindung vorhanden war. Schulen und Internat wurden neu eingerichtet, die Schwestern nahmen ihre Möbel aus dem alten Kloster mit.
Am 1. September 1900 wurde das neue Gebäude bezogen, die Schülerinnen der Volksschule (5- klassig) und der Bürgerschule (3- klassig) und das Internat erfüllten das Haus mit Leben.
1902 konnte die Lehrerinnenbildungsanstalt (mit Vorbereitungsklasse) wieder geführt werden – Öffentlichkeitsrecht ab 1906.
Während des 1. Weltkrieges – bis 1922 war auch die staatliche LnBA einquartiert.
1922 wurde eine Haushaltungsschule eröffnet und 1930 ein Gymnasium.
1938 mussten auf Befehl des NS Regimes die Schulen geschlossen werden, das Grundstück am Leonhardgürtel wurde 1941 enteignet und verbaut, auch
die Schwestern mussten 1940 das Haus verlassen. Einige junge Schwestern fanden vorübergehend bei Ursulinen in der Schweiz (Fribourg, Brig, Visp) ein Zuhause. Andere verbrachten die Kriegsjahre in Belgien (Vilvorde, Thildonck, Fouron – le – Compte), einige Schwestern erbat sich die Benediktiner Abtei Maria Laach in Deutschland, denn in der Abtei war ein Lazarett einquartiert und es fehlte an Küchenpersonal, weil die Brüder zum Militär eingezogen waren; einige Schwestern blieben bei Verwandten in Graz, in Wien, eine Gruppe im Ferienhaus Niederschöckl).
Zuerst war in unserem Schulhaus die öffentliche Oberschule für Mädchen einquartiert, ein Heim für Buchendeutsche Rückkehrer, dann wurde das
Haus Lazarett (einige Schwestern konnten als Angestellte im Haus arbeiten), zuletzt Lager für Kriegsvertriebene unter den Russen, dann den Engländern.
Zurück blieb ein geplündertes, verkommenes Haus ohne Heizung, Sanitäranlagen, mit kaputten Fenstern und herausgerissenen Türen und Böden.
Doch die Schwestern kamen zurück, kämpften um den Wiedererhalt ihres Hauses und richteten danach mit allem Einsatz Schule und Internat notdürftig her. Im Herbst 1946 konnten die Volksschule, eine Klasse der Hauptschule und die Haushaltungsschule eröffnet werden.
Ab dem Schuljahr 1947/48 wurde die Lehrerinnenbildungsanstalt wieder geführt. Zu den Volksschulklassen (Übungsvolksschule) kam dann mit jedem Jahr eine Hauptschulklasse dazu.Zu Beginn des Schuljahres 1948/49 erstrahlte die Hauptfassade in neuem Glanz, aus der Wildnis vor dem Haus wurde ein schöner Vorgarten gemacht.
Das Schuljahr 1949/50 begann mit der Wiedereröffnung des Realgymnasiums. Nun waren wieder alle Schultypen (und der Kindergarten) vertreten, die bis zum Jahre 1938 geführt worden waren. Die beliebte Haushaltungsschule zog 1966 in die Naglergasse, wo dieWirtschaftskammer für ihr Lehrlingsheim eine Leitung suchte – bis 1985 wurden Schule und Heim von den Ursulinen geführt.
Natürlich änderten sich in den folgenden Jahren Lehrmethoden und Schularten, das Realgymnasium wurde 1962/63 zum Neusprachlichen Gymnasium, aus der Lehrerinnenbildungsanstalt wurde das musisch- pädagogische Realgymnasium als Vorbereitung auf die Pädagogische Akademie (1963/1964), 1976 entstand daraus das Oberstufenrealgymnasium, gedacht für jene Jugendlichen, die nach der 4. Klasse der Hauptschule eine Gymnasium besuchen wollten, die Hauptschule wandelte sich zur Neuen Mittelschule. Unser Gymnasium führt seit 2002 eine „Europaklasse“ (Schwerpunkt Sprachen und die „Idee Europa“) und wurde Vorreiter für die „Modulare Oberstufe“ (2006).
Im Laufe der Jahre kam es immer wieder zu großen Veränderungen. Schülerzahlen pro Klasse sind heute niedriger als früher, Methoden und Lehrmittel änderten sich: Aus Wandkarten, Diaprojektoren, Episkopen und Overheadprojektoren wurden Computer, Beamer, Laptops,
interaktive Whiteboards und Bildschirme.
Aus dem Halbinternat wurde 1976 die „Tagesheimschule“, unsere NMS führt je Jahrgang auch eine „Ganztagesklasse“ (seit 2015) und jeweils eine Klasse eines Polytechnischen Lehrganges / Orientierungsklasse. Momentan essen etwa 400 Kinder und Jugendliche bei uns und buchen mehr oder weniger Angebote an Lern – oder Freizeit in der Schule.
Etwas ganz Einschneidendes war der Rückgang an Internatsschülerinnen – zuerst ausgeglichen mit Studentinnen im Heim – der 2006 zur Schließung des Internates führte.
Mindestens ebenso einschneidend war die Einführung der Koedukation 2004/05. Absolventinnen unserer Schulen beklagten immer häufiger, dass sie ihre Söhne nicht zu uns geben könnten. Wer aber Sohn und Tochter hatte, wollte nicht 2 Schulen wählen (Schulweg, freie Tage…). Eine Studie wurde in Auftrag gegeben und es zeigte sich, dass in der Gesellschaft die getrennte Erziehung nicht mehr als Wert galt – so zogen im September 2004 die ersten Buben in jeden Schultyp ein.
In den fünfziger Jahren wurde das Haus saniert, neues Mobiliar angeschafft, Sportanlagen und Spielgeräte aufgestellt. Da der Zustrom an Schülerinnen anhielt, musste neuer Schulraum geschaffen werden – so wurde auf unserem Grund in der Engelgasse 1967/68 eine Turnhalle gebaut (Fertigbauweise), ein Turnsaal und ein erhöhter Gymnastikraum, auch als Bühne verwendbar. Zur Eröffnung kam sogar der Unterrichtsminister! Im Hauptgebäude entstanden anstelle des Turnsaales Schulräume und ein „Sprachlabor“.
Aber die Zeit ist schnelllebig und die Anforderungen an die Unterrichtsstätten wandeln sich: So plante und erbaute man 2013 im Süden unseres Grundstücks eine neue Turnhalle mit 3 Sälen. Der Beton – Glas – Holzbau passt gut in unseren Garten. Der alte Turnsaal wurde 2014 abgerissen, der Platz für eine Freiluftklasse mit Biotop und Bienenstöcken gestaltet.
Auch das Internat, das Heim der Ursulinen stellte sich dem Wandel: Seit 1900 im 3. Obergeschoss: Schlafsäle (bis über 20 Betten!) wechselten mit Erzieherzimmern und Studierräumen. 1960 wurde an der West- und einem Teil der Nordseite der Dachboden ausgebaut und es entstanden freundliche 2 oder 3-Bettzimmer (ebenso Studierräume sowie zeitgemäße Sanitäranlagen), ein Teil der Schlafsäle wurde zu Klassenräumen. In einem 2. Umbau 1989 wurde auch der restliche Dachboden (Nord/Ost) zum Internat. Schulräume waren mit steigender Klassen- und Schülerzahl – und mit geänderten Lehrmethoden – neu zu schaffen (Ausbau der Ostseite des Gebäudes – vormals Wohnbereich der Schwestern), das geschah immer wieder in den Ferien (vor allem von 1989 bis 1991), so entstanden neue Sonderräume für Musik, für die Naturwissenschaften, auch die Bibliothek und die Informatikräume. Nach Schließung des Internates wurde auch der 4. Stock zur Schule umgestaltet – samt Bau eines Außenliftes (2009). Die Koedukation hat sich bewährt, so mussten auch neue Toiletten gebaut werden (2007).
Die Nachmittagsbetreuung ist eine Notwendigkeit der Zeit: 2009 wurde der Speisesaal samt Essensausgabe, Geschirrspülbereich und einem Aufzug völlig neu gestaltet. Aus personellen Gründen wird ab 2010 nicht mehr im Haus gekocht, seither bereitet ein Caterer täglich das Essen für die 400 Mädchen und Burschen(und die Schwestern).
2017 kam es zur Neugestaltung des Innenhofs – unterirdisch: Kanalisation neu; sichtbar sind die Grüninseln, die Fitnessgeräte, der neue Eingangsbereich. Ein Musik- und Festsaal als Aula und ein ansprechendes Schulbuffet wurden an die Westseite gesetzt – ein ansprechendes modernes Ensemble.
In den Ferien wurde und wird jedes Jahr etwas erneuert – vom Dach über die Fassaden, die Türen und Fenster, die Böden, die technischen und hygienischen Bereiche, der Garten samt Sportanlagen und Spielgeräten, die Schulmöbel und die Technik, so dass die 1260 jungen Menschen ein ansprechendes Ambiente vorfinden.