Rhetorik, Rhythmus, Gefühl. Ein guter Poetry Slam besteht für mich aus diesen drei Dingen. Da ich schon länger gerne Texte selbst verfasse, die in diese Sparte fallen, habe ich beim Landesjugendredewettbewerb in der Kategorie „Sprachrohr“ mit einem Poetry Slam von mir teilgenommen. Der Poetry Slam ist dafür bestimmt, live vorgetragen zu werden, weshalb ich sehr froh war, dies beim ersten Mal gleich vor Publikum und einer Jury machen zu dürfen. Dabei erreichte ich den 2. Platz.
Mein Text „Leb(ens)los“ kritisiert die Forderung an Jugendliche, ihr Leben komplett ausgetüftelt zu haben. Was mir so sehr an Poetry Slams gefällt, ist die Regellosigkeit: Wie ich meine Stimme einsetze, Mimik und Gestik, alles ist meiner Kreativität überlassen. Daher gefällt mir mein Text auch umso besser, wenn ich ihn vortragen darf, als wenn er gelesen wird.
Trotzdem, hier mein Text in schriftlicher Form:
Darf ich bitte loslegen?
Kann ich losleben?
Denn mein Leben ist doch auch nur ein Los von vielen,
noch dazu wahrscheinlich eine Niete.
Wenn ich mich nicht loslösen kann,
was mach ich dann?
Ich muss sein ein leeres Blatt Papier,
und nur ich hab den Radiergummi.
Nein, nicht den Stift, das wäre zu vorhersehbar,
und ich muss doch sein genau dies nicht.
Ich soll sein eine Straße,
und alle Menschen haben Kreiden,
denn ich kann nicht bestimmen, wer mich bereichert,
oder auch nicht.
Ich möchte sein eine Melodie,
und alle Menschen können sie singen,
weil ich hören will, wie sie klingen kann,
und dass mich nicht jeder mag.
Sind das zu viele Metaphern?
Ich denke nicht, denn wenn einer das schafft,
dann bin das wohl nicht ich.
Und das Leben ist doch auch nur ein Spiel,
und ich denke ich verliere ganz schön viel,
doch manch andere noch mehr,
also nicht der Rede wert.
Also werde ich jetzt loslegen,
und such das Los des Lebens
eines Loslebers.
Doch wer würde mir schon ein Los in den Weg legen
statt Steinen?
Denn wer macht es jemand anderem schon absichtlich leichter?
Und in der Welt von Metaphern bin ich doch auch nur eine von vielen,
und wahrscheinlich eine miese,
die nie jemand verwendet,
so wie die Niete
in einem jedes Los gewinnt.
Also versuche ich jetzt loszulegen,
und mein Leben einfach loszuleben,
statt Wert auf dieses Los zu legen!
Und die Steine in meinen Wegen werden zu Stiegen.
Wenn jeder Song nur davon spricht seventeen zu sein,
aber ich fühl mich nicht wie Dancing Queen,
auch nicht sehr young and sweet,
mehr wie,
I´m only seventeen, I don’t know anything.
Von vielen Losen bin ich eines.
Ob Hauptgewinn, oder metaphorische Niete,
ich bin nicht deines.
Camilla Sandoval, 8F